Der Sensor der Olympus und Available Light Fotografie
Available Light Fotografie (verfügbares Licht, also ohne Blitz usw.) spielt eine große Rolle, gerade wenn es um Fotografie in Räumen geht. Dabei spielt das Rauschen des Sensors eine Rolle, damit die Fähigkeit auch mit höheren ISO-Werten umzugehen. Auch die Belichtungszeit und damit die Qualität eines vorhandenen Bildstabilisators muss besprochen werden. Auch die Frage nach erträglicher Unterbelichtung, und damit die Belichtungskorrektur spielt hier hinein.
Von den Nikons bin ich in Sachen ISO und Sensor-Rauschen wirklich verwöhnt. Kann die Olympus da mithalten? Vorab: nicht ganz, aber das Gesamtpaket überzeugt!
Schauen wir aber der Reihe nach auf die einzelnen Faktoren.
Ganz in Familie gibt es eine Tradition: Neujahrs-Bowling. Das ist DIE Gelegenheit, sich mal die Available Light Fotografie-Fähigkeiten der Olympus in der Praxis anzuschauen.
Rauschen und ISO-Werte
Je höher der ISO-Wert, desto empfindlicher agiert der Sensor. Gleichzeitig erhöht sich das Rauschen in den Bildern. Soweit so klar…
Ich möchte das Rauschen in 3 Rubriken einsortieren. Nicht störend bedeutet, die Bilder können ohne jegliches Entrauschen direkt verwendet werden. Absolut verwertbar heißt für mich, Entrauschen macht Sinn, muss aber nicht sein – abhängig von Motiv und Verwendungszweck. Durchaus zu verwenden bedeutet, ich muss wahrscheinlich entrauschen. Zum Entrauschen nutze ich dann meist DFine aus der Google NIK Filter Collection.
Eine Nikon D7200 fabriziert absolut verwertbare Bilder bis ca. ISO 3200. Auch ISO 6400 ist durchaus noch zu verwenden. Alles unter ISO 800 ist nicht störend in Bezug auf Rauschen.
Bei der Olympus OM-D E-M10 Mark II liegt diese Schwelle nicht ganz so hoch. Meine Tests ergeben für mich durchaus zu verwendente Bilder mit Rauschen bis ca ISO 1600. Aus Faustformel merke ich mir das Verhältnis 1:4 gegenüber der Nikon als absoluten Grenzwert. Bei ISO 1250 sind die Bilder aber absolut verwertbar, bis ISO 800 empfinde ich das Rauschen als nicht störend. Im Normalbereich liegen die beiden Kamerasensoren also gut beieinander.
Beispielbild:
Ein 1:1 Bildausschnitt zeigt das Rauschen
Ja, das Rauschen ist nicht zu übersehen. Abhängig von Ausgabegröße und der Art der Bearbeitung muss das aber nicht „inakzeptabel“ sein. Im Zweifelsfall ist mir ein rauschendes Bild lieber als ein verblitztes, oder ein verwackeltes Bild! Rauschen kann man mit Bildbearbeitung in Grenzen gut beheben, Verwackelungen oder gar verblitzte Bilder sind typischerweise nicht mehr zu retten.
Warum aber benutzen wir nicht immer die niedrigen ISO-Werte?
Belichtungszeit
Die Belichtungszeit legt fest, wie lang der Verschluss vor dem Sensor geöffnet wird, damit das Licht auf den Sensor fallen kann. Wenn wir bestimmte Szenen festhalten wollen, bestimmt sich anhand der Szenerie und des gewollten Ergebnisses die Belichtungszeit. Damit wir korrekt belichten, müssen wir also Blende, Belichtungszeit und Sensorempfindlichkeit (ISO) in Einklang bringen.
Beim oben gezeigten Bowling-Bild würde eine längere Belichtungszeit dafür sorgen, dass die Kugel nicht mehr als solche erkennbar wäre, ähnlich der Streifen, welche durch die Lichter von den Autos auf der Langzeitbelichtung im Titelbild erzeugt wurden. Wir müssen also für das Einfangen von bewegten Szenen herausfinden, welche Belichtungszeit uns akzeptabel erscheint. Wir müssen uns die Frage beantworten, wie sehr wir eine eventuell vorhandene Bewegung einfrieren wollen. Zusammen mit der Größe der Lichtöffnung in der Linse, der Blende, ergibt sich, welchen ISO-Wert wir benötigen. Vereinfacht: wir bestimmen erst die Bilderscheinung über Blende und Belichtung, und passen dann die Technik dem gewünschten Resultat an (ISO).
Die Belichtungszeit ist für halbwegs normale Szenen also nicht Kamera-spezifisch oder gar limitiert durch die Technik in der Kamera. Die Belichtungszeit ist Szenen-abhängig! Man kann ein schnell vorbeifahrendes Auto nicht scharf abbilden, wenn die Belichtungszeit zu lang ist. Ein Berg auf dem Landschaftsfoto wird zu lange Belichtungen normalerweise verzeihen, er rennt nicht weg.
Besonders bei unbewegten Szenen (Landschaft, Architektur, Produktfotografie,…) ergibt sich daher immer auch ein anderes Problem: wie lang kann man die Kamera wirklich stillhalten, wenn man kein Stativ verwenden kann (will)? Hier kommt ein technischer Helfer ins Spiel.
Der Bildstabilisator
Der Bildstabilisator arbeitet je nach Implementierung im Objektiv oder am Sensor. Bei Olympus sitzt er am Sensor, und ist damit unabhängig von der verwendeten Linse immer verfügbar.
Bei den Nikons dagegen sitzt der „Stabi“ im Objektiv. Wenn das Objektiv keinen Bildstabilisator hat, kann man keinen verwenden. Für die Nikons nutze ich immer noch die alte Faustformel Kehrwert (Brennweite * 2) = Belichtungszeit. Rechnen wir mal im Kleinbild-Äquivalent: mit einer 28mm-Linse belichte ich also mit maximal 1/50 Sekunde (ja, man muss runden). Mit einem ordentlichen Bildstabilisator im Objektiv kann ich den Wert nochmals verringern, gefühlt halbieren – und komme so auf minimal 1/25 Sekunde. Freihand gehe ich aber nie unter 1/30 Sekunde, egal, was die Faustformel ergibt.
Der „Stabi“ der Olympus OM-D E-M10 Mark II ist ein 5-Achsen-Stabilisator. Und er arbeitet fantastisch. Mit ein bisschen Übung lassen sich – natürlich auch abhängig von der Brennweite – akzeptable Bilder bei 1/4 Sekunde Belichtungszeit erstellen, ganz ohne Stativ. Das sind etwa 3 Stufen Verbesserung zur Nikon-Rechnung (1/4 – 1/8 – 1/16 – 1/32)! Den praktischen Beweis trete ich in einem noch zu schreibenden Artikel an…
Belichtungskorrektur
Die Kameras der Mittel- und Oberklasse bieten mittlerweile fast alle dieses Feature, eine Anpassung der Belichtungskorrektur. Auch die Olympus hat dieses Feature. Ein kurzer Test ergab, dass man über die Bildbearbeitung durchaus Korrekturen um -0,3 EV oder gar -0,7 EV korrigieren kann. Warum sollte man das aber tun, absichtlich falsch belichten?
Manchmal fehlt einem nur „eine halbe Blende“ zum Glück. In so einem Fall akzeptiere ich lieber ein schwach unterbelichtetes Bild als eine Verwackelung auf Grund zu langer Belichtungszeiten, oder zu starkes Rauschen wegen zu hoher ISO-Einstellungen. Gerade bei Available Light Fotografie kann das Verstellen der Belichtungskorrektur daher durchaus das Bild retten. Es kommt aber immer auch auf die Situation an. Hier hilft probieren!
Fazit Available Light Fotografie mit Olympus
Ja, meine Olympus OM-D E-M10 Mark II mit dem 14-42mm EZ Pancake ist durchaus verwendbar für Available Light Fotografie – sogar viel besser, als ich zu hoffen wagte.